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  Begriffsdefinition Hinduismus

Bei westlichen Menschen kann die hinduistische Religion viele verschiedene Bilder hervorrufen, von Asketen mit gekreuzten Beinen und reich mit Schnitzereien verzierten Tempeltürmen bis zu den Bestattungsfeuern am Ufer des Ganges und Göttern mit Tierköpfen. Der Hinduismus hat keinen Gründer, keine alleinig geltende Schrift, kein Glaubensbekenntnis. Es gibt viele Götter - Vishnu und Shiva gehören zu den bekanntesten -, aber nur eine letztgültige Wirklichkeit. Er entzieht sich klaren Definitionen und erfreut sich der Vielfalt. Die vielleicht einzig mögliche Beschreibung ist die Gesamtheit der Bräuche und Vorstellungen der etwa 1400 Millionen Hindus, die heute auf dem indischen Subkontinent und in anderen Teilen der Welt leben. Etwa 80% der indischen Bevölkerung gehört diesem Glauben an.

Der Begriff »Hindu« kommt von dem von antiken Persern geprägten Wort zur Beschreibung der ihnen gegenüber auf der anderen Seite des Indus lebenden Menschen. Moderne Hindus ziehen den Ausdruck Sanatana Dharma zur Beschreibung ihrer Religion vor. Dies kann mit »ewiges Gesetz« übersetzt werden - ewig wegen ihres göttlichen Ursprungs und Gesetz, weil sie jeden Aspekt des Lebens abdeckt.

Manche Hindus glauben, daß ihr heiliges Gesetz (Dharma) nur in Indien praktiziert werden kann; die Überquerung des Kala Pani, des »schwarzen Ozeans«, würde sie unrein und zum Leben als Hindus unfähig machen. Andere teilen diese Sicht nicht; und in den letzten 100 Jahren sind viele Hindus, meist aus wirtschaftlichen Gründen, in andere Teile der Welt gezogen. Heute findet man diese Auswanderer vor allem in Großbritannien und in Ländern des ehemaligen britischen Commonwealth, z. B. in der Karibik, in Kanada und Ostafrika wie auch in den USA und Europa. Das kulturelle Einwirken des Hinduismus auf den Westen in neuerer Zeit kann genau auf 1893 datiert werden, als ein hinduistischer Asket namens Wiwekananda am Weltkongreß der Religionen in Chicago teilnahm. Er beeindruckte die Versammlung mit seiner Spiritualität und seiner Sicht des Hinduismus als großem, allumfassendem Glauben so sehr, daß viele westliche Teilnehmer anschließend den Sinn einer weiteren Entsendung christlicher Missionare nach Indien in Frage stellten.

Von dem durch Wiwekananda geweckten Interesse, vielleicht auch von der von Königin Viktoria gezeigten Begeisterung für Indisches ermutigt (sie lernte sogar Hindustani, konnte aber das »Juwel« in ihrer Krone aus Gesundheitsgründen nicht besuchen), gingen bekannte Hindus und hinduistisch geprägte Organisationen von da an in den Westen. Eine der in jüngster Zeit auffälligsten Gruppen mit Wurzeln im Hinduismus ist die Hare-Krsna-Bewegung. 1966 in den USA gegründet, erlangte die Bewegung große Bekanntheit durch ihre Beziehung zu dem britischen Popstar und früheren Beatle George Harrison.

Der Trend ging aber nicht nur in eine Richtung. Manche Hindus, darunter Mahatma Gandhi, wurden durch die westlichen Denker des 19. Jahrhunderts John Ruskin und Leo Tolstoi sowie durch die Lehren Jesu beeinflußt. Außerdem ging 1893 die geborene Irin Annie Besant nach Indien und gründete das Central Hindu College in Varanasi (Benares). Sie setzte sich entschlossen für die Ausbildung von Hindufrauen sowie für die Förderung der Theosophie ein, eines esoterisch-religiösen Systems, das stark von hinduistischen Vorstellungen beeinflußt wurde.

In den späten fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts richtete der britische Benediktinermönch Bede Griffiths in Südindien ein auf indischen Grundsätzen beruhendes religiöses Zentrum, einen Aschram, ein. Seine Lehren und Meditationstechniken verbinden Aspekte sowohl hinduistischer wie christlicher Spiritualität. Da Reisen und Verbindungen die Entfernungen zwischen den Erdteilen immer kleiner werden lassen, ist es in der Tat wahrscheinlich, daß der Austausch zwischen Hinduismus und Christentum - und vielen anderen Glaubensbekenntnissen - sich verstärkt.

 

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