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5. Reinkarnation 5.1 Der Reinkarnationsgedanke und das Christentum Ob es ein Leben nach dem Tod gibt, ist eine wichtige Frage im
Christentum, wenn auch nicht die zentrale. Die evangelischen Kirchen der Schweiz sind der
Meinung, der Reinkarnationsgedanke gehöre nicht zum Christentum. Wichtig ist hier, zu
definieren, was das Christentum unter Wiedergeburt versteht. Spricht das Christentum von
einem Leben nach dem Tod, meint es damit, dass der Verstorbene entweder zu Gott
zurückkehrt oder in der Hölle verdammt wird. Das letztere behauptet allenfalls die
katholische Kirche. Spricht das Christentum von Wiedergeburt, meint es, dass derjenige
Mensch, der sich für einen Lebensweg mit Gott entscheidet wie neugeboren ist.
5.1.1 Heutige Anhänger Auch heute gibt es Menschen, die der Meinung sind, dass der
Reinkarnationsgedanke früher einmal im Christentum existierte. Ein Beispiel ist Ronald
Zürrer, dessen Werk ‚Reinkarnation' ich zu Hilfe genommen habe. Er hat Germanistik,
Philosophie und vergleichende Religionswissenschaften an der Universität Zürich
studiert. Um die Frage aufzuhellen, ob der Reinkarnationsgedanke früher einmal wirklich
existierte oder nicht, analysierte er die Geschichte des Christentums und fand Hinweise,
die ihn davon überzeugten, dass der Reinkarnationsgedanke im Abendland existierte. Hier
folgt eine stark gekürzte Zusammenfassung seiner Befunde. Dem interessierten Leser sei
sein Buch "Reinkarnation" (1989) empfohlen. "Auf Drängen des byzantinischen Kaisers Justinian I.
(527-565) wurde im Jahre 543 in Konstantinopel eine Synode der Ostkirche einberufen, die
das erklärte Ziel hatte, die theologischen Differenzen um die Lehren des Origenes (der
300 Jahre zuvor gelebt hatte!) ein für allemal zu beenden. Diese Lehren wurden durch die
Synode mit neun Anathemata (Bannflüchen ) belegt, wobei der für die Frage der
Seelenpräexistent und der Reinkarnation entscheidende erste Bannfluch lautet: Weiter meint Ronald Zürrer, dass die Kirche später neue
Lehrmeinungen etablierte, um die Reinkarnationsidee völlig verschwinden zu lassen. a) Erschaffung der Seele durch Gott im Augenblick der Zeugung des
physischen Leibes. (Lehrmeinung von Thomas von Aquin (1225-1274)) Niemand ausserhalb der katholischen Kirche, weder Heide noch Jude, auch kein Ungläubiger oder ein von der Einheit der Kirche Getrennter wird des ewigen Lebens teilhaftig, vielmehr verfällt er dem ewigen Feuer. (Beschluss des Konzils zu Florenz, 1438-45) (Quelle: Reinkarnation 1989, Ronald Zürrer) Zusammenfassung seiner Aussage:
5.1.2 Meinung der christlichen Kirchen Da die biblische Schrift kein Zeugnis für den Glauben an
Reinkarnation ist, wurde dieser Gedanke weder aus der Schrift herausgenommen noch in
späteren Konzilen verurteilt. Der Reinkarnationsglaube Origenes' wurde aber in der Tat
verurteilt, da dieser Glaube nicht im Einklang mit der Bibel stand. Auch in der Bibel gibt es viele Stellen, die indirekt eine Reinkarnation ausschliessen. Die Bibel sieht den Leib und die Seele des Menschen als Einheit an. Nach dem Tod verwest der irdische Körper und die Seele bekommt einen himmlischen Körper. Und die Reihenfolge dieser Verwandlung ist nicht umkehrbar. Das heisst also, dass man nach dem Tod nicht wieder einen irdischen Körper bekommen wird. Hierzu eine Stelle aus der Bibel: "Gesät wird ein irdischer Leib,
auferweckt ein überirdischer Leib. Wenn es einen irdischen Leib gibt, gibt es auch einen
überirdischen." (I Korinther 15.44) (Quelle: Einheitsübersetzung der Bibel, 1992)
5.1.3 Schlussbemerkung Wahr ist, dass es Menschen gab, z.B. Origenes, die an eine Reinkarnation glaubten (vgl. Zürrer, 1989, S.246ff.). Wahr ist auch, dass Anhänger der Reinkarnationsidee deswegen verurteilt und hingerichtet wurden (vgl. Zürrer, 1989, S.256). Dass solches Vorgehen der Kirche ein macht-politisches Ziel hatte, ist nur eine Interpretation von Ronald Zürrer. Hiermit endet das Kapitel mit dem Titel: "Reinkarnation und das Christentum". Im nächsten Kapitel beleuchte ich das Thema aus hinduistischer Sicht.
5.2 Reinkarnation im Hinduismus In der Religion des Hinduismus ist der Gedanke der Reinkarnation
seit Jahrtausenden ein wichtiges Grundprinzip. Die Hindus glauben an eine Fortdauer eines
wesentlichen Elements, der Seele, nach dem physischen Tod. Vor allem die Bhagavad-Gita
enthält eine alte, massgebende Darlegung der Seelenwanderung. Die Bhagavad-Gita
unterscheidet zwischen vergänglicher Materie, dem Körper, und ewiger Spiritualität ,
der Seele.
5.2.1 Der Körper und die Seele In der Bhagavad-Gita wird davon ausgegangen, dass der
vergängliche Körper und die ewige Seele zwei Dinge sind, die nicht miteinander identisch
sind. So wie die verkörperte Seele in diesem Körper fortgesetzt von Knabenzeit zu Jugend und zu Alter wandert, so geht die Seele beim Tod in ähnlicher Weise in einen anderen Körper ein. (Bhagavad-Gita, Vers 2.13)
5.2.2 Der feinstoffliche Körper Neben unserem grobstofflichen, vergänglichen Körper, der aus
Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther besteht, wird die Seele von einem feinstofflichen
Körper umgeben. Der feinstoffliche Körper setzt sich aus Intelligenz, falschem Ego und
Geist bzw. Verstand zusammen. Unter ‚falschem' Ego versteht man im Hinduismus unsere
fälschliche Identifikation mit dem Körper: der Körper, der mich umhüllt, bin nicht
ich. Der Vers 3.27 erklärt, dass wir unsere wahre spirituelle Identität als Seele
vergessen, weil wir uns unter der Herrschaft der materiellen Natur befinden.
5.2.3 Die Wiedergeburt Ob die Seele nach dem Tod einen menschlichen, tierischen oder
pflanzlichen Körper bekommt und ob sie in der Hölle, im Himmel oder wieder auf der Erde
wiedergeboren wird, hängt von zwei Faktoren ab: von ihrem Karma und ihrem Bewusstsein zum
Zeitpunkt des Todes. Interessierte Leser finden mehr zur Karmalehre in der Bhagavad-Gita. Was auch immer der Daseinszustand ist, an dem
man sich erinnert, wenn man seinen Körper verlässt, diesen Zustand wird man ohne Zweifel
erreichen. Die Seele wandert also von einem Körper zum nächsten, und ihre Handlungen (Karma) sowie ihr Bewusstsein zum Zeitpunkt des Todes sind die Grundlagen ihres nächsten Körpers. Wenn das Lebewesen das Bewusstsein eines Tieres angenommen hat, wird es den Körper eines Tieres annehmen müssen, ist das Bewusstsein göttlicher Eigenschaften, wird es zu einer göttlichen Form überwechseln.
5.2.4 Schlussbemerkung Wenn ein Mensch in Indien religiösen oder spirituellen
Fortschritt machen will, muss er zuerst zwei Dinge unterscheiden lernen: einmal den
Körper und zum anderen die Lebenskraft im Körper. Als nächstes muss er wissen, dass der
Tod nicht sein Tod bedeutet, sondern nur ein Wechsel des Körpers.
5.3 Moderne Reinkarnationsforschung Was mit der Persönlichkeit oder mit der Seele, die in der
Psychologie als ein Teil der Persönlichkeit gilt, vor der Geburt war und was mit ihr nach
dem Tod passieren wird, sind Fragen, mit der sich die parapsychologische Forschung seit
ihren Anfängen beschäftigt. Die Forschung stützt sich auf Personen, die überzeugt
sind, sich an ein oder mehrere frühere Leben zu erinnern. Die zentrale Schwierigkeit
aller solcher Untersuchungen liegt in der Unzuverlässigkeit des Gedächtnisses der
Person. Weiter kann die Person Einzelheiten ihrer Erinnerung weglassen oder dazuerfinden,
statt tatsächliche Ereignisse genau wiederzugeben. Auch zu berücksichtigen ist, dass man
nicht einfach voraussetzen kann, irgendwelche Erinnerungen einer Person müssten aus dem
vergangenen Leben stammen, denn unser Gedächtnis produziert nachweislich nicht nur
"echte" Erinnerungen, sondern auch Phantasiebilder.
5.3.1 Jan Stevenson Jan Stevenson ist einer der namhaftesten Parapsychologen der Gegenwart, meint Dr. Heinrich Wendt. Jan Stevenson hat sich in den vergangenen Jahrzehnten mit dem Wahrheitsgehalt des uralten Reinkarnationsglauben beschäftigt, hat mehr als 1500 Fälle gesammelt und mit grösster Akribie erforscht. Etwa die Hälfte der Fälle stammt aus Südostasien, wo eine grosse Mehrheit der Bevölkerung den Hinduismus und Buddhismus vertritt. Die restlichen Fälle kommen aus dem westlichen Asien, Europa und Brasilien. Nur wenige sind aus den Vereinigten Staaten. Professor Jan Stevenson begründet diese unterschiedliche Verteilung mit dem Einfluss der verschiedenen Kulturkreise. Der Hinduismus und der Buddhismus sprechen sich klar für ein Leben nach dem Tod aus. Das Christentum jedoch ist dieser Idee gegenüber skeptisch eingestellt.
5.3.2 Untersuchungsmethode von Jan Stevenson Der Fall beginnt gewöhnlich, wenn ein kleines Kind von zwei bis
vier Jahren anfängt von einem Leben zu plaudern, das es früher einmal an einem anderen
Ort geführt hatte. Nachdem das Kind ausreichende Einzelheiten aus dem früheren Leben
geschildert hat, beginnt der Parapsychologe, den Fall mit geschicktem Nachfragen zu
erforschen. Obwohl viele Fälle nur mit einer Reinkarnation erklärt werden können, ist die evangelische Kirche diesem Thema gegenüber kritisch eingestellt.
5.3.3 Die Meinung der evangelischen Kirche Die Kirche würdigt dieses wissenschaftliche Vorgehen kritisch.
Sie ist der Meinung, dass die Reinkarnationstherapie auf eingeschränktem Horizont der
Wahrnehmung basiere. Weiter sagt sie, die Therapeuten könnten nicht voraussetzen, dass
die Erinnerungen des Patienten aus einem früheren Leben stammen müssen, denn unser
Gedächtnis ist auch fähig, Phantasiebilder zu produzieren. Weiter argumentiert sie, die
Patienten würden sich durch die Tiefenentspannung, z.B. Hypnose , in die Abhängigkeit
des Therapeuten begeben, so dass der Therapeut die Rückführung des Patienten mit
suggestiven Impulsen steuern könne.
5.3.4 Schlussbemerkung Obwohl viele Fälle aufgrund der Ergebnisse des Forschungsmaterials eindeutig die Reinkarnationshypothese unterstützen, kann nicht behauptet werden, dass damit die Frage nach einem Leben nach dem Tod wissenschaftlich ein für allemal beantwortet ist. Ausserdem gehen die Meinungen darüber auseinander, was man Beweis nennen kann und was nicht, denn es gibt immer wieder Fälle, die sich als Betrug oder Kryptomnesie erweisen.
6. Zusammenfassung Hier habe ich eine Zusammenfassung erstellt, welche die drei behandelten Themenkreise, Reinkarnation im Christentum, Hinduismus und moderne Reinkarnationsforschung, in einer tabellarischen Form darstellen soll.
Hier endet der theoretische Teil dieser Maturarbeit. Es folgt der
praktische Forschungsteil. § Glaubt der Pfarrer an ein Leben nach dem Tod? (Ich stelle ihm diese Frage, weil ich von einigen Pfarrern weiss, dass sie an eine Reinkarnation glauben.) § Was verstehen Parapsychologen unter "Lebensenergie"? § Warum glaubt der Atheist nicht an ein Leben nach dem Tod? Was sind seine Argumente?
7. Ergebnisse meiner Umfragen Der Forschungsteil basiert auf 3 Interviews. Ich habe einen Parapsychologen, Herrn A. Schaller, einen evangelischen Pfarrer, Herrn S. Junger und Herrn A. Stocker interviewt. Herr A. Stocker ist Atheist und glaubt nicht an eine Reinkarnation. Die ausgefüllten Interviewfragebögen finden sie im Anhang D.
Der Pfarrer Junger glaubt nicht an ein Wiedergeborenwerden in
einer irdischen Existenzform sondern viel mehr an die Auferstehung. Damit meint er, dass
er einst wie Jesus Christus von den Toten auferstehen und ewiges Leben bei Gott finden
wird. Der Parapsychologe Schaller glaubt an ein Leben nach dem Tod. Er
führt ein physikalisches Gesetz an, welches sagt, dass die Energie nicht verloren geht,
sonder nur umgewandelt wird. Daraus schlussfolgert er, dass auch die Lebensenergie nach
dem Tod nicht einfach verloren gehen kann. Herr Stocker glaubt nicht an ein Leben nach dem Tod. Er sieht den
Körper eines jeden Lebewesens als einen grossen Haufen von Atomen an und meint, die
‚Lebensenergie' basiere auf verschiedenste chemische Reaktionen wie zum Beispiel
Redoxreaktionen . Sobald die an der Reaktion teilhabenden Stoffe im Körper verbraucht
sind, stoppen die exothermen Reaktion; der Körper gilt dann als ‚tot'.
7.1 Zusammenfassung Herr Pfarrer vertraut auf die biblischen Texte und glaubt, er werde nicht auf der Erde wiedergeboren werden. Gesät wird ein irdischer Leib, auferweckt ein überirdischer. (Kapitel 5.1.2) Die Frage, was mit ihm vor der Geburt war, ist irrelevant für ihn. Auch in der Bibel wird auf diese Frage nicht eingegangen. Herr Parapsychologe glaubt, er habe vor der Geburt schon einmal gelebt und nach dem Tod werde er weiterleben. Ob er wieder auf die Erde zurückkommen wird, kann er nicht sagen. Obwohl viele Fälle mit Hilfe des Beweismaterials eindeutig die Reinkarnationshypothese unterstützen, kann man nicht behaupten, dass damit die Frage nach einem Leben nach dem Tod wissenschaftlich ein für allemal beantwortet ist. (Kapitel 5.3.4) Jeder Mensch weiss sich zu erklären, dass der Tod nicht das Ende ist, so auch der Atheist: er glaubt an das Weiterleben der Atome.
7.2 Schlussbemerkung Auf unserer Welt gibt es unzählbare Kulturen und ebenso viele Glaubensrichtungen und der Gedanke bzw. Glaube an ein Leben nach dem Tod ist in all diesen Kulturen und religiösen Traditionen ein Brennpunkt. Auch bedeutende Wissenschaftler, wie Dr. Jan Stevenson und viele andere, beschäftigen sich mit dem okkulten Phänomen Reinkarnation. Auf die Frage, ob es eine Seelenwanderung oder ein Weiterleben in irgendeiner Form gibt, wissen sie keine klare Antwort. Was passiert nun mit der Lebensenergie nach dem Tod?
8. Literaturverzeichnis Drosdowski, Günther et al. Duden, die deutsche
Rechschreibung, Band 1 Fahlbusch, Erwin et al. Evangelisches
Kirchenlexikon o.V. Brockhaus, Enzyklopädie o.V. Schülerduden, Die Psychologie Prabhupada, Srila Bhagavad-Gita, Wie sie ist Pollak, Kurt Knaurs grosses Gesundheitslexikon Pschyrembel Klinisches Wörterbuch Stevenson, Jan Reinkarnation, Der Mensch im
Wandel von Tod und Wiedergeburt, 20 überzeugende und wissenschaftlich bewiesene Fälle,
übersetzt von Heinrich Wendt Zürrer, Ronald Reinkarnation, Die unfassende
Wissenschaft der Seelenwanderung Evangelische Informationsstelle Reinkarnation in
Diskussion, Entstehungsdatum: 1998 Evangelische Informationsstelle Reinkarnation in
Diskussion, Entstehungsdatum: 1998 Evangelische Informationsstelle
Reinkarnationstherapie, Entstehungsdatum: 1998
9. Anhang A. Reinkarnation und die Bibel (2 Internetauszüge) A. Reinkarnation und die Bibel (2 Internetauszüge) B. 3 untersuchte Fälle von J. Stevenson C. Reinkarnationstherapie: kritische Würdigung der Kirche
(Internetauszug) D. Interviews |